Nehmen Essstörungen zu?
- Langfristige Betrachtungen in verschiedenen Ländern zeigen insgesamt eine klare Zunahme von Essstörungen.
- Vergleichende Zahlen zur Entwicklung von Essstörungen in Deutschland in den letzten 20 Jahren gibt es kaum. Jedoch beobachtete die AOK Nord-Ost bei ihren Versicherten 2016 etwa doppelt so viele neu festgestellte Essstörungen wie noch im Jahr 2010. Laut DAK Report waren zuletzt insbesondere junge Mädchen und Frauen vom Anstieg betroffen
- In Großbritannien war die Häufigkeit von Magersucht und Bulimie in der ersten Dekade dieses Jahrhunderts (2000-2009) stabil. Seitdem werden Essstörungen auch dort immer häufiger festgestellt. Allein von 2015 bis 2020 hat sich die Anzahl der im Krankenhaus behandelten Betroffenen verdoppelt.
- Seit Beginn der Corona-Pandemie haben Essstörungen, insbesondere die Magersucht (Anorexia nervosa), weltweit zugenommen. Auch in Deutschland berichten große Krankenkassen wie die DAK und die KKH, dass die Zahl der Krankenhausbehandlungen aufgrund von Essstörungen seit 2020 gestiegen ist.
Wie Häufig sind Symptome gestörten Essverhaltens?
Einzelne Symptome gestörten Essverhaltens sind relativ weit verbreitet, ohne dass in diesen Fällen eine Essstörung vorliegt.
- So gelten mehr als etwa 20 von 100 Kindern und Jugendlichen im Alter von elf bis 17 Jahren als auffällig bezüglich ihres Essverhaltens. Sie zeigen also Symptome einer Essstörung, wie etwa Unzufriedenheit mit Figur und Gewicht oder Heißhungeranfälle. Mädchen sind fast doppelt so häufig betroffen wie Jungen.
- Drei Viertel aller Mädchen und Jungen mit auffälligem Essverhalten empfinden sich als zu dick, obwohl sie normalgewichtig sind.
- Etwa die Hälfte der Mädchen und jeder zehnte Junge hat bis zum 18. Lebensjahr bereits Diäterfahrungen gesammelt. Unter den Mädchen war jedoch ein Fünftel gar nicht übergewichtig gewesen.
Gestörtes Essverhalten kann in eine Essstörung übergehen. Dies muss aber nicht eintreten.
„Welche Rolle spielen die Pandemie und andere Krisen?“
Die Datenlage zum Einfluss von COVID-19 auf die Häufigkeit und Schwere von Essstörungen ist in Deutschland noch dürftig. Zahlen zweier großer Krankenkassen (DAK, KKH) zeigen jedoch: Bei Kindern, Jugendlichen sowie jungen Männern waren deutlich mehr Krankenhausbehandlungen aufgrund einer Essstörung zu verzeichnen als vor der Pandemie.
Für andere Länder liegen mehr Studiendaten vor. Sie lassen darauf schließen, dass gerade die Magersucht (Anorexia nervosa) mit Beginn der Corona-Pandemie weltweit zugenommen hat.
- Eine australische Studie stellte fest, dass bei vier von zehn Jugendlichen, die 2020 eine Anorexie entwickelt haben, COVID-19-Einschränkungen eine auslösende Rolle spielten.
- Auch in Kanada gibt es Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen COVID-19 und der Entwicklung von Essstörungen: In Regionen mit hohen Infektionszahlen verdoppelte sich das Auftreten der Anorexie. Während der ersten Corona-Welle erkrankten Betroffene nicht nur schneller, sondern auch schwerer als vor der Pandemie.
- In Spanien, Frankreich, Italien und Niederlande befragte Fachkliniken kamen zu einem ähnlichen Ergebnis: Von 2019 auf 2020 stieg demnach die Rate an Behandlungen wegen einer Anorexie an. Zudem traten häufiger schwere Krankheitsbilder auf. Vor allem höherer Social-Media-Konsum und ein Gefühl des Kontrollverlusts spielten nach Ansicht der Fachkräfte eine große Rolle für diese Entwicklung.
Wie sich andere aktuelle Krisen, z. B. der Krieg in der Ukraine, auf die Häufigkeit und den Verlauf von Essstörungen auswirkt, ist bislang noch nicht untersucht.